© I. Liebetrau

Prämierung „Feldhamsterfreundliche Natura 2000-Landwirte“

Erfurt

Auf dem Bild zu sehen sind: V.l.n.r.: Sara Flüge, Thüringer Ökoherz e.V.; Bernhard Stengele, Thüringer Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz; Christoph Birnbaum, Landwirtschaftsbetrieb Birnbaum; Annegret Rose, Rose Saatzucht; René Döring, Geratal Agrar GmbH & Co. KG, Torsten Weil, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft; Carlotta Schulz, stellv. Geschäftsführerin der Stiftung Naturschutz Thüringen; Anna Swiatloch, Leiterin Kompetenzzentrum Natura 2000; Udo Große, Vizepräsident des Thüringer Bauernverbandes.

 Um ihre herausragenden Leistungen zum Erhalt und Schutz des Feldhamsters zu würdigen, wurden am  Mittwoch, den 03.07.2024, drei Thüringer Betriebe mit der Auszeichnung „Feldhamsterfreundlicher Natura 2000-Landwirt“ geehrt. Der Landwirtschaftsbetrieb Birnbaum, die Geratal Agrar GmbH & Co. KG Andisleben sowie die Rose Saatzucht Erfurt erhielten die Anerkennung. Die Prämierung als „Natura 2000-Landwirt“ wird seit 2018 jährlich gemeinsam von Landwirtschafts- und Naturschutzverbänden durchgeführt und widmet sich in diesem Jahr erstmals einer gefährdeten Art, dem Feldhamster. Damit möchten die Verbände auf die Gefährdung, aber auch auf die Chancen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensräume des Nagers aufmerksam machen. Thüringens Umweltminister Bernhard Stengele und Staatssekretär des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft, Torsten Weil, gratulierten den ausgezeichneten Landwirt*innen.

Das Kompetenzzentrum Natura 2000-Stationen sowie der Thüringer Bauernverband e.V., die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Ökoherz e.V., sowie die Träger des Kompetenzzentrums, der BUND Thüringen e.V., NABU Thüringen e.V. und der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) e.V. küren seit 2018 „Natura 2000-Landwirte“, um auf die Bedeutung der Arbeit von Landwirt*innen aufmerksam zu machen. Neu in diesem Jahr: Erstmals findet die Prämierung gemeinsam mit der Stiftung Naturschutz Thüringen statt.

Die Vorschläge für Landwirt*innen kamen aus den Natura 2000-Stationen und der Sonderaufgabe Feldhamsterschutz, welche vor Ort in ihren Regionen zahlreiche Projekte mit ihren Partnern aus der Landwirtschaft initiieren. Diese Vorschläge wurden anschließend durch eine sechsköpfige Fachjury bewertet. In diesem Jahr wird darüber hinaus ein Betrieb, die Rose Saatzucht Erfurt, für sein besonderes Engagement im Bereich Natura 2000 ausgezeichnet. Diese Ehrung landwirtschaftlicher Betriebe durch die Verbände ist ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft.

 

Situation des Feldhamsters in Thüringen und Deutschland

Der Feldhamster ist auf eine feldhamster- und naturfreundliche Bewirtschaftung angewiesen, um zu überleben. Weltweit und in Deutschland hat die Modernisierung der Agrarwirtschaft zu einem dramatischen Rückgang seiner Populationen geführt. Der Feldhamster, einst häufig in den offenen Landschaften Deutschlands anzutreffen, ist heute stark vom Aussterben bedroht. Intensive landwirtschaftliche Praktiken, Urbanisierung und der Verlust natürlicher Lebensräume, sowie der Einsatz von Pestiziden und die Zerstörung von Brachflächen haben seine Bestände stark reduziert. In vielen Regionen Deutschlands steht der Feldhamster mittlerweile auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. In einigen Bundesländern gilt er bereits als ausgestorben. In Thüringen, einem der letzten Rückzugsgebiete des Feldhamsters in Deutschland, sieht die Situation ähnlich besorgniserregend aus und dass, obwohl Thüringen eine besondere Verantwortung zukommt, da nur hier der „Schwärzling“, ein Feldhamster mit einer besonderen Fellzeichnung, vorkommt. Auch im Freistaat sind die Zahlen rückläufig, bedingt durch den Verlust von Lebensräumen, intensive landwirtschaftliche Nutzung und Pestizideinsatz. Besonders problematisch ist das Verschwinden von Brachflächen und Randstreifen, die wichtige Rückzugsorte und Nahrungsquellen für den Feldhamster darstellen. Mechanisierte landwirtschaftliche Praktiken gefährden die Tiere zusätzlich, indem sie die Feldhamster und ihre Bauten zerstören. Zu den Maßnahmen zum Schutz des Feldhamsters zählen unter anderem Reduzierung der Schlaggröße, Stehenlassen von Stoppelbrachen als Schutz, Förderung von Ackerwildkräutern oder Anlage von Brachflächen und Randstreifen.

Informationen Zu den Preisträgern:

Geratal Agrar GmbH & Co. KG Andisleben

Der Betrieb integriert pfluglose Bodenbearbeitung und hat bereits zu DDR-Zeiten mit der Anlage von Hecken und Blühstreifen begonnen. Diese Maßnahmen fördern die Biodiversität und den Erhalt wertvoller Lebensräume in der Agrarlandschaft. Seit der Einführung des Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) nutzt der Betrieb diese Fördermöglichkeiten intensiv und ist heute der größte Antragsteller hochwertiger Hamsterschutzmaßnahmen in Thüringen. Die Nutzung von Zwischenfrüchten ist seit langem in die Fruchtfolge integriert und trägt zur Bodenfruchtbarkeit und Erosionskontrolle bei. Mit mehr als 15 Hauptfruchtarten im Anbau und 18 verschiedenen Kulturen wird eine hohe Diversität auf den Feldern erreicht. Seit über 20 Jahren wird auf 95 Prozent der bewirtschafteten Fläche auf den Einsatz des Pflugs verzichtet, was den Boden schont und die Bodengesundheit fördert.

Das langjährige Engagement in der Stiftung Lebensraum, der Naturschutz und die aktive Teilnahme an der Jägerschaft unterstreichen das hohe Engagement des Betriebs im Umwelt- und Artenschutz. Die Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie ist fest in der Firmenphilosophie verankert und zeigt, dass auch Großbetriebe jenseits der 3000 Hektar einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten können.

Rose Saatzucht Erfurt

Der Betrieb hat 25 Jahre Erfahrung in der professionellen Betreuung von über 200 Kulturen aus Heil- und Kräutersaatgut, Gemüse und Blumensaatgut. Seit etwa 10 Jahren sind alle Flächen im ökologischen Landbau, was die Vielfalt auf den Betriebsflächen zusätzlich erhöht hat. Besonders bemerkenswert ist, dass sich auf den Betriebsflächen ein Hotspot für Feldhamster in Thüringen befindet – nicht einmal 700 Meter vom Erfurter Dom entfernt. Die Anbaustruktur des Betriebs bietet allerdings nicht nur Feldhamstern, sondern auch anderen Tieren der Feldflur, wie Rebhühnern, Rotmilanen, Feldlerchen und Feldhasen einen Lebensraum. Die Rose Saatzucht Erfurt zeigt eindrucksvoll, wie nachhaltige und ökologische Landwirtschaft erfolgreich umgesetzt werden kann und gleichzeitig einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität leistet. Darüber hinaus erschließt der Betrieb auch kontinuierlich innovative Geschäftsfelder und engagiert sich in verschiedenen Förderprojekten, darunter: Pflanzen-Hydrolate im ökologischen Anbau, mobile Technik sowie REGIO-SAAT: Regionale Wildsamenmischungen für Blühflächen und Feldsäume in Thüringen.

Landwirtschaftsbetrieb Birnbaum
Der Landwirtschaftsbetrieb Birnbaum zeigt vorbildliches Engagement im Feldhamsterschutz. Mit einer bewirtschafteten Fläche von 40,5 Hektar Ackerland und 56,4 Hektar Grünland sowie einer vielfältigen Tierhaltung – 8 Schafe, 60 Schweine und 350 Geflügeltiere – setzt der Betrieb auf nachhaltige Landwirtschaft. Die Betriebsflächen befinden sich im Feldhamster-Schwerpunktgebiet rund um Erfurt. Von 2018 bis 2022 wurden auf diesen Flächen Kartierungen durchgeführt, die eine stabile Anzahl von Feldhamsterbauen nachwiesen. Im Rahmen des Feldhamsterlandes setzt der Betrieb auf den am dichtesten besiedelten Schlägen den "Streifenanbau" um. Diese Anbauweise bietet den dort lebenden Feldhamstern optimale Lebensbedingungen und trägt zur Stabilisierung und Verbesserung ihrer Population bei.

 

Zurück